Heute mal ein Beitrag in ganz eigener Sache: Immer wieder erhalten wir Anfragen im Sinne von „Hallo, ich bin ein Freund von einem Freund von Dir. Kannst Du für unsere Hochzeit ein paar Bilder schießen, nichts Großes nur ein paar Bilder und geht das zu einem Freundschaftspreis?“.
Natürlich ist das nicht verwerflich, im Gegenteil, wer würde die Option nicht selbst nutzen? Fraglich ist, ob sich der Fragende eigentlich überlegt hat, was für einen Fotografen dahinter steckt, wenn er mal schnell „ein paar Bilder knipst“ ( „knipsen“ als beschreibende Tätigkeit der fotografierenden Zunft geht übrigens gar nicht, aber das ist jetzt nicht Thema).
Also, hier ein kleiner Einblick hinter die Kulissen: im Grunde ist es gleich, ob man eine Mega-Feier 12 Stunden lang fotografiert oder nur eine Stunde im Standesamt. Einen Tag vor dem Termin müssen alle Akkus geladen sein, alle Speicherkarten leer, die Objektive gereinigt und alles Equipment zusammengestellt und verstaut werden.
Am Morgen der Hochzeit oder Verpartnerung hat der Fotograf vor allen Gästen, besonders aber vor dem Paar, um das es geht, vor Ort zu sein. Zu spät kommen ist ein absolutes NoGo, mit der Konsequenz, dass man meist viel zu früh vor Ort ist. Die Zeit nutzt man dann, indem man mit Standesbeamten bzw. dem Geistlichen spricht und abstimmt, was man wo und wie fotografieren darf. Details wie das Verbot der Blitznutzung erfordern ein anderes Objektivkonzept und die optimierte Nutzung von vorhandenem Tageslicht. Im Anschluß schaut man sich die Location an, um schöne Perspektiven zu finden und vielleicht auch schon eine Idee für Gruppenbilder oder Paarbilder zu erhalten.
Spätestens jetzt sind alle Gäste da und der Fotograf schießt sich mit ein paar Portrait-und Situationsbildern warm. Ab dem Erscheinen des Hochzeits-bzw. Verpartnerungspaars beginnt für den Fotografen der Höchsteinsatz. Alle Gäste, das Paar aus unterschiedlichen Perspektiven, einzeln und gemeinsam, den Trauenden, die Trauzeugen, Eltern, Familie und Freunde sind abzulichten. Unter Zeitdruck und ohne zweiten Versuch müssen die alles entscheidenden Szenen (Ja-Wort, Ringtausch, Kuß oder Gratulation) im Kasten sein. Auch im Anschluss ist eine Verschnaufpause undenkbar, schließlich sind die anschließenden Umarmungen und Beglückwünschungen emotionale Highlights die man sich gerne und viele Jahre später noch anschauen möchte. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits weit über hundert Bilder geschossen worden, obwohl ja nur zwei oder drei Bildchen eingangs angefragt waren.
Ein anschließender Sektumtrunk ist für den Fotografen noch einmal Gelegenheit, von jedem Gast wenigstens ein Bild geschossen zu haben. Dann gilt es, das folgende obligatorische Gruppenbild vorzubereiten: Leiter holen – damit auch in den hinteren Reihen alle auf dem Bild sichtbar sind, Kamera einstellen, Gäste zusammentrommeln, zusammenstellen, ausrichten, animieren und viele Bilder schießen bis wirklich alle mit offenen Augen eingefangen wurden. Im Anschluss wieder alles einpacken und nach Wechsel des inzwischen verschwitzen Hemdes ins Büro fahren.
Im Büro geht es weiter mit dem Import aller Bilder. Da die Bilder im RAW-Format geschossen werden, dies sind sozusagen digitale Negative, müssen die Bilder nach dem Import in eine Datenbank noch entwickelt werden. Anders als früher, nicht mit Chemikalien, durchaus aber mit genau so viel Feingefühl für die richtige Belichtung und Farbtemperatur. Auch der Bildausschnitt und kleinere Korrekturen werden hier vorgenommen. Der Aufwand für diese Nachverarbeitung beträgt je fotografierter Stunde das Zwei- bis Dreifache! Spätestens jetzt denkt man gerne noch an den „Freundschaftspreis“, der einen an den Rechner mit großem Bildschirm fesselt.
Eine Woche später hat man idealerweise alle Bilder entwickelt, auf DVD’s gebrannt, Rechnung geschrieben, eingetütet und dem Kunden geschickt. Für den Kunden bleibt lediglich der Eindruck, ja der Fotograf war da, hat Bilder geschossen und eine Woche später kamen die Bilder per Post. So unterschiedlich können die Perspektiven sein.
Ich hoffe, hier kein negatives Bild über meine Arbeit darzustellen. Ich liebe und lebe für diese Herausforderungen, möchte aber auch mal aufzeigen, dass auch sog. „Freundschaftspreise“ Grenzen haben müssen. Der Aufwand den man hat, kann man nicht ohne eine faire Gegenleistung erbringen. Schließlich kosten die Kameras, Objektive, Blitze, Akkus, Speicher, Rechner, Monitore und das viele Zubehör sehr viel Geld und müssen am Laufen gehalten werden. Und am Ende will auch ein Fotograf sich mal Abends ein Feierabend-Bier verdient haben – im wahrsten Sinne des Wortes.